LICHT AN! Die Lusterproduktion von J.&.L. Lobmeyr in Wien

Qualität ist ein Spaziergang- verspricht der schwarzweiße Stadtplan der WIEN PRODUCTS, den ich auf der Homepage www.wienproducts.at gefunden habe und so mache ich mich auf, um die Geheimnisse um die Mitgliedsbetriebe und deren Werkstätten in und um Wien zu erkunden.

 

Schlendert man von der Oper Richtung Stephansdom,  passiert man in der Kärntner Straße das Portal von Nummer 26. Das ist an sich schon sehenswert – dahinter verbirgt sich das Geschäft der traditionsreichen Firma J.& L. Lobmeyr, die heute in 6. Generation von den Cousins Andreas, Johannes und Leonid Rath geführt wird.

Ich will heute jedoch wissen, wo und von wem die sagenumwobenen Luster produziert werden und schlage den Weg in den 3. Bezirk zur Salesianergasse ein. In den 70iger Jahren hat Lobmeyr die Firma Zahn übernommen – das Biedermeier- Ensemble auf Nummer 19 umschließt einen lauschigen Innenhof und beherbergt nicht nur das straßenseitige Lustergeschäft, sondern eine Menge Werkstätten und Schatzkammern. Johannes Rath, der hier vor allem für die Lusterherstellung verantwortlich ist, verblüfft mich nachhaltig mit einem schier unerschöpflichen Wissen und spannenden G’schichterln....

Dass Lobmeyr bereits k.u.k. Hoflieferant war und die Kristallluster nicht nur in Palästen und Schlössern Europas, sondern auch im Wiener Musikverein, der Staatsoper, der MET in New York und so weiter hängen, wußte ich schon... Neu war für mich, dass die Firma auch in sakralen Räumen für Erleuchtung sorgt- vom Stephansdom in Wien bis in den arabischen Raum schätzt man die Kunstfertigkeit der Handwerker aus Wien.

Wir stehen in der Schlosserei. Über mir hängt die Decke voller Eisenschablonen für unzählige Modelle – an den teilweise  hundert Jahre alten Maschinen werden die Teile für die Lusterarme – das Gestell - nach alten Zeichnungen aus Metall geschnitten und genau nummeriert. Hier montiert man auch hunderte  Kristallkugeln für den MET - Luster einzeln auf dünne Metallstangen. Der rote Kater ist der heimliche Herrscher und beobachtet alles aus entspannter Lage.

Im Hof gegenüber sind 4 Männer beim Löten und Bearbeiten von mehr als 300 Einzelquadraten aus Messing, die - wie ich erfahre – zu Quadern zusammengesetzt eine imposante Treppenhausbeleuchtung ergeben werden –  ein Sonderauftrag...

 

Fast alles wird hier individuell nach Kundenwunsch produziert – die Männer wissen, was sie tun, sie arbeiten seit 27 bzw. 37 Jahren im Haus... „Ich habe letztes Jahr ausgelernt, zusammen mit zwei anderen aus Salzburg und Oberösterreich waren wir die Einzigen im Land mit dem Beruf“ meldet sich ein schlaksiger Junger mit coolen Tattoos und Piercings zu Wort. Gut, dass Traditionen fortgesetzt und Wissen weiter gegeben wird.

Wir passieren Lager mit Messingprofilen und Transportkisten, Verpackungsmaterial und steigen hinab in die Wunderkammer. Auf dem Weg dorthin bestaune ich Schleifplätze, an denen das Metall auf einem Fetzenrad zum Glänzen gebracht wird und eine Werkstatt, in der patiniert wird - was vor allem bei Restaurierungen wichtig ist.

Ich stehe plötzlich in einem Kellerraum mit langen engen Regalreihen. Unfassbar – was hier alles lagert. Von Holz- und Kautschukmodeln angefangen über Wachsformen, Vorlagen und Millionen kleiner und kleinster Modelle für Lusterteile, Beschläge und und und.  Ich staune und bin ziemlich sprachlos. Vor allem über die prompten Informationen, die mir Johannes Rath zu jedem der Teile gibt, die ich fragend aus einem Regal nehme. Aha – der Doppeladler ist ein Teil des Lusters in St. Stephan, der rote Wachsflügel in der Kiste gehört zu einem Leuchter im Palais Liechtenstein und die Blattornamente in 3 Größen stammen vom berühmten Josef Hoffmann Modell. Dank moderner Technik sehe ich die Fotos der entsprechenden Luster an ihrem Standort gleich auf entsprechenden Fotos am Tablet. Faszination pur. Wir steigen wieder ans Tageslicht, schauen im ersten Stock ins Glaslager und  ich erfahre daneben in der Werkstatt, warum man bei Lobmeyr auf die Verkettelung der einzelnen Kristallteile setzt, was eine Kolonne ist und vor allem, was einen wirklich guten Luster ausmacht.

Da sind die Lusterarme von Hand passgenau kombiniert, blattvergoldet und nicht mit einer billigen Farbe angestrichen, der Behang üppig und auf verschiedenen Ebenen angebracht; man setzt auf Handarbeit auch bei den Zulieferern.

Kristall für die Luster kommt zum Beispiel nicht nur von Swarovski und es gibt etliche Facettschliffe, die ihre Wirkung ganz unterschiedlich entfalten.

Bei Lobmeyr ist man stolz auf die Designs von Hoffmann, Haerdtl und Loos – pflegt den Kontakt zu zeitgenössischen Entwerfern wie Marco Dessi oder KIM+HEEP und ist offen für Neues.

Alles in allem: in ein paar Stunden bekommt man einen ersten Eindruck, nach ein paar Wochen einen prächtigen Luster – und den hat man mindestens das ganze Leben. Qualität ist in jedem Fall einen Spaziergang wert.

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS. www.wienproducts.at