Bei uns lernt jeder Lehrling Klavierspielen! Zu Besuch in der Bösendorfer Klavierfabrik

Angenehme Kühle empfängt mich an diesem heißen Junitag im Vorführraum der Bösendorfer Klavierfabrik in Wiener Neustadt. Ich stehe inmitten von handgefertigten Konzertflügeln und bekomme von einem Fachmann eine Hörprobe des wohl weltweit schönsten Klanges.

Dass man diese Wunderwerke der Technik in vielen aufwändigen Schritten hier vor Ort produziert, ist wohl Vielen nicht bewußt, gehört die Firma doch seit einigen Jahren zum Konzernverband von YAMAHA.

„Wir sind autark und können sehr eigenständig agieren“ erklärt man mir.

Ich bin gespannt und begebe mich auf eine Reise, die 1828 mit Ignaz und Ludwig Bösendorfer in Wien begann.

Auf dem Firmengelände stapeln sich beachtliche Holzmengen. Vor allem Fichte – die im Winter auf über 800 Höhenmetern in europäischen Wäldern geschnitten wurde und mindestens 5 Jahre im Freien trocknet, bevor sie verarbeitet werden kann. Daneben werden auch Buche und Ahorn verarbeitet – genau dort, wo es besondere Eigenschaften braucht.

Der 280VC ist das Prunkstück unter den Bösendorfer Konzertflügeln. 280 bedeutet 280cm Instrumentenlänge – ein beachtliches Ausmaß, das sich auf die Klangqualität auswirkt. VC bedeutet Vienna Concert – dazu kommen wir aber etwas später...

Wir passieren Trockenräume und Werkstätten der Schreinerei, wo das Holz zugeschnitten und mehrfach verleimt wird. Man achtet penibel darauf, dass sich das Material später keinesfalls verzieht, jeder Einschnitt, jede Bohrung muß millimetergenau sitzen, damit alles passt.

Es geht weiter und ich staune, als ich im Freien unter einem Dach einer beachtlichen Menge Rahmen aus Sandguß gegenüberstehe, die hier 6 Monate ruhen und später dem Instrument praktisch ein Skelett geben. Bisher war ich immer der Meinung, dass bis auf die Saiten und Kleinteile vor allem Holz verbaut wird.

Und dann kommt der Moment, in dem man erfährt, dass diese Rahmen, die in ihren Formen geschwungen und leicht ausschauen ordentlich ins Gewicht gehen und eine Saitenzuglast von bis zu 22 Tonnen aushalten können.

Apropos Saiten – bei Bösendorfer verlässt man sich  gern auf eigene Handarbeit,  die Bass-Saiten produziert man im Haus selbst. Um einen Stahlkern werden je nach Tonlage unterschiedlich starke Kupferdrähte gesponnen. Ich könnte dort stundenlang zuschauen – wir müssen aber weiter....

In der Tischlerei und dem Kastenbau sieht man vor allem hunderte Schraubzwingen, die die frisch geklebten Kästen fixieren. Auch hier vermeidet man unnötige Schrauben bei den Verbindungen und gibt diversen Holzverbindungen den Vorzug.

Jedes Instrument ist ein Unikat – jeder Millimeter wird mehrmals nachgemessen, damit sich die Teile nahtlos ineinanderfügen.  

Nebenan werden die Saiten in einen Flügel gespannt – eine geräuschvolle Angelegenheit, die Faszination für eine strenge Ordnung scheint hier allen sehr am Herzen zu liegen – die Saiten werden millimetergenau positioniert. Man fühlt sich dem berühmten Bösendorfer Klang an jedem Arbeitsplatz verpflichtet.

Bis jetzt habe ich hauptsächlich Männer gesehen in der Tischlerei und bei den Rahmen – jetzt begegnen wir erfahrenen Mitarbeiterinnen, die der Klaviatur zu Leibe rücken, damit die Filzhammer und Tasten ihren perfekten Platz bekommen. Da werden Bohrungen präzise gesetzt und sorgfältig Knochenleim für Verklebungen aufgetragen. 

So langsam sieht das schon nach einem Konzertflügel aus. Jedes Instrument wird von einem Laufzettel begleitet, jeder Arbeitsschritt dokumentiert.

Auch die Stimmung ist hausgemacht und gut – wie ich feststellen kann – die Flügel erhalten ihre perfekten Töne – da ist ein sehr gutes Gehör Voraussetzung. Ich frage, ob denn die Mitarbeiter auch zwingend Musikliebhaber sind und erfahre, dass hier jeder Lehrling Klavierstunden bekommt und man den Mitarbeitern vielfältige Kurse anbietet.

Was denkt man denn bei Bösendorfer über Technik und Design möchte ich wissen. Es gibt eine Gruppe Spezialisten fachübergreifender Gebiete, die gemeinsam neue Wege in der Klavierbautechnik gehen. Diese entwickeln eine Art Geheimrezept, wie sich kleinste Änderungen im Klang widerspiegeln und welche Materialien noch optimaler für den Einsatz sind. Die Buchstaben VC bedeuten ja Vienna Concert und sind eine Art Klang - Gütesiegel. Gemeinsam mit dem Bösendorfer Schriftzug stehen sie für herausragende Handarbeit und Qualität.

Was das Aussehen der Instrumente betrifft - dafür gibt es eigene Abteilungen, die sich um aufwändige Vergoldungen, Intarsien und die Farbgebung der Instrumente kümmern. Jeder Kunde kann „seinen“ speziellen Konzertflügel bestellen.

Apropos Kunde – wer kauft ein Instrument der Marke Bösendorfer eigentlich? Man verkauft gleichmäßig verteilt vorrangig in Europa, Asien und Nordamerika. Darunter nicht nur an weltberühmte Pianisten, sondern Universitäten, Musikschulen und Privatkunden, die sich einen Lebenstraum erfüllen. Für jeden Einsatz gibt es das passende Instrument.

Am Schluß stehen wir im Expedit – hier wird alles perfekt verpackt und die Versandkisten auch entsprechend beschriftet. Der Transport ist ein eigenes Kapitel und erfordert eine Menge Fachwissen.

Wenn ich demnächst im Flagshipstore an der berühmten Wiener Adresse in der Bösendorfer Straße im Musikverein stehe, werde ich ihn wieder hören, diesen großartigen, von Hand gemachten Klang der Bösendorfer Grand Pianos.

Qualität ist einen Spaziergang wert!

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag von WIEN PRODUCTS. www.wienproducts.at