Zinn as Zinn can - zu Besuch bei Chlada

Betrachtet man den WIEN PRODUCTS Stadtplan „Qualität ist ein Spaziergang“, findet man mitten in Wien auf der Kärntner Strasse den Hinweis auf die Werkstätte Chlada. Im Shop der Österreichischen Werkstätten werden die Erzeugnisse verkauft- ich mache mich jedoch auf in den Wienerwald, um die Produktion zu besuchen.  

Kaltenleutgeben ist seit 1960 der Standort, an dem sich eine der letzten Zinngießereien Österreichs befindet. Robert und Roman Chlada führen gemeinsam mit ihrer Mutter den Betrieb, in dem Zinn verarbeitet wird. Das reine Element wird bei den Chladas mit 2% Kupfer und 2% Antimon bei über 230° Celsius zu einer silbrig glänzenden Masse geschmolzen und in Rotationsformen gegossen.

Aber beginnen wir von vorn.

Zinn ist den meisten Menschen kein wirklicher Begriff mehr. Beim Antikhändler und auf Flohmärkten sieht man ab und an alte Zinnkrüge oder Zinngeschirr – das Silber des armen Mannes. Und dann gibt es den Feldmarschall, der Schlachten organisiert mit hunderten Zinnsoldaten- daheim in Pantoffeln auf dem Perserteppich.  In Klosterläden und Kirchen findet man jedoch viele Devotionalien, die aus Zinn gefertigt wurden und zu Weihnachten hängen mancherorts Anhänger aus silberglänzendem Zinn am Weihnachtsbaum.

Robert Chlada ist ein Mann, der ein unglaublich breit gefächertes Wissen hat und mühelos Natur- und Sprachwissenschaften, Handwerk, Religion und Kunst miteinander verbindet. Er zeigt mir die Schätze der Firma – neben hunderten Kautschukformen sind das alte Maschinen und Werkzeuge – manche haben schon über 200 Jahre auf dem Buckel. Mich interessiert das Zinngießen – bis jetzt hatte ich als Kind nur Lötzinn in der Hand und heimlich damit in Vaters Werkstatt experimentiert....

Ich bekomme einen 25kg schweren Zinnbarren gezeigt – das Ausgangsmaterial, das mit wenig Kupfer und Antimon (das Element hat nicht nur einen klingenden Namen, es sieht auch sehr schön aus) im Ofen zu einer Legierung verschmolzen wird. Mit geübten Handgriffen entfernt Robert Chlada mit einem Schöpfer die Asche von der Oberfläche und schon kann es losgehen. Neben dem grünen Ofen steht eine himmelblaue Rotationsgießmaschine, in der sich die runde Kautschukgießform bereits dreht. Durch den Trichter im Deckel füllt Robert Chlada die auf über 230° erhitzte Zinnlegierung und jetzt heißt es noch ein paar Minuten Geduld haben...

Was mich fasziniert – das Zinn rinnt praktisch rückstandslos aus der Gießkelle und erinnert mich an Quecksilber...

Es duftet nach warmem Kautschuk.... Wer stellt eigentlich die Formen her – will ich wissen. Das machen wir alles selbst- erklärt mir Robert Chlada. Zuerst wird ein Prototyp geformt und danach die Form hergestellt. Die Stücke sind alle im Kreis um die Einfüllöffnung angeordnet und durch Gießkanäle mit ihr verbunden. Füllt man die heiße Zinnlegierung in die rotierende Form in der Maschine ein, strömt das flüssige Metall durch die Kanäle in die Formen und erstarrt. Fliehkraft sei Dank.

 

Was genau wird gegossen? Die Palette der Chladas ist umfangreich. Da gibt es Serviettenringe, Untersetzer, Zierkorken neben Schreibtischaccessoires und Devotionalien wie Taufmünzen, Engerln und Kreuzen, Weihbecken, Laternen und Anhängern.

Viele der Sachen sind traditionell gestaltet, ein großer Teil erinnert an den Jugendstil. Zinn ist ein verhältnismäßig weiches Metall – es können kleinste Details gut abgeformt und bearbeitet werden. Gingko, Brennessel, Efeu und Gräser sind tolle Vorlagen für filigranen Schmuck. Überhaupt ist man bei Chlada offen für Neues und experimentiert gern. Das Familiengeheimnis, Zinn mit Glas zu verbinden bleibt natürlich geheim – die Untersetzer der Designer chmara.rosinke sind aber schon keine Geheimtipps mehr- die wurden bereits weltweit ausgestellt und haben ihre Liebhaber gefunden.

Wir plaudern angeregt über Vorlagen und Ideen und vor mir sammeln sich immer mehr neue Stücke an. Broschen, für die Opern von Richard Strauss und Verdi Ideen lieferten und Schachfiguren, die suprematistische Vorbilder in der Kunst Russlands zwischen 1915 und 1930 haben. Ich bin begeistert – das übertrifft meine Erwartungen bei weitem. Und wie ist es, wenn jemand mit individuellen Wünschen kommt? Auch kein Problem.

Die Chladas haben praktisch himmlische Unterstützung. Robert Chlada studierte neben Theologie auch noch Russisch und Chinesisch – beschäftigt sich mit Alchemie. Bruder Roman studierter Musiker und für die moderne Technik und Social Media verantwortlich – man lebt mit der Tradition eindeutig im Hier und Jetzt. Zinn und die Zinngießerei haben somit eine hoffentlich langandauernde Zukunft. Beim nächsten Stadtbummel ist fix ein Besuch der Österreichischen Werkstätten in der Kärntner Straße am Programm – dort bekommt man die gesamte Produktpalette der Werkstätte Chlada zu kaufen.

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS. www. wienproducts.at