Dreh Dich oder ich fress Dich!

 Anlässlich von Feiertagen begibt es sich immer wieder, eingeladen zu sein und in größeren Runden gemeinsam Kulinarik zu zelebrieren. Entweder in trauten Heimen oder gar in pipifeinen Lokalen- über die sich Kritiker landauf landab lobend oder tadelnd ausgelassen haben. Wobei die ja meist das Augenmerkt auf die Teller legen und nur wenige Blicke auf das Interieur werfen.

Manchmal weiß man schon was einen erwartet, weil man den einladenden Koch gut kennt – manchmal ist es ein Überraschungsevent. Mit allem, was dazu gehört.

Zum Beispiel Sitzgelegenheiten am Esstisch. Ich habe mich an dieser Stelle schon mal über Tische zum Speisen ausgelassen – hier sollen nun die Sitze in den Fokus gerückt werden. Neulich begab ich mich also in ein hochgelobtes Restaurant und kam auf einem- zugegeben – sehr bequemen Drehsessel zu sitzen. Irgendwie hat das etwas von Büro oder mindestens noblem Besprechungszimmer. Ja – wir hatten auch einige Dinge zu besprechen. Trotzdem war ich etwas irritiert ob der Drehbewegungen, die das Ding da vollführte und machte mir im Stillen so meine Gedanken. Kinder am Nachbartisch setzten meine heimlichen Ideen sofort um – Voll. Das. Leben. spielte sich da ab- drehende und jauchzende Kinder am Restauranttisch – Kinderkarussell mit Vollverpflegung. Diese war exzellent, die Weine ebenfalls.

Worauf sitzen wir gern beim Essen? Manche schwören auf Barhocker am Küchentresen. Find ich eher ungemütlich, für den schnellen Kaffee ist es aber durchaus ok. Sitzt man länger in fröhlicher Runde, darf es was Bequemes zum Sitzen sein – am besten mit Armlehnen. Der Tulip Chair von Eero Saarinen wurde hier schon mal erwähnt, Herr und Frau Eames haben auch sehr schöne Sitzgelegenheiten für solche Anlässe kreiert – den DAW gibt es beispielsweise als Plastikschale mit Armlehnen und als Schaukelstuhl- was die Nahrungsaufnahme unter Umständen etwas beschwerlich machen könnte.....  Und- was wenige wissen, Charles Eames und Eero Saarinen entwarfen um 1940 sogar gemeinsam einen Sessel! Der heutige Vitra Organic Chair wurde von den beiden als kleiner Lesesessel für einen Wettbewerb des New Yorker MOMA namens "Organic Design in Home Furnishings" entworfen.  Der Entwurf war allerdings seiner Zeit weit voraus und ging nicht in Serie, weil für eine Produktion der organisch geformten Sitzfläche damals einfach die technischen Möglichkeiten fehlten. Erst im Jahr 2006 konnte man den klassisch kleinen Sessel bei Vitra in Serie produzieren. Die Holzbasis mit Polsterung und Armlehnen ist durchaus bequem und nicht nur zum Lesen von Speisekarten geeignet. Die beiden Herren von MARCH GUT aus Linz haben ebenfalls eine bequeme Sitzgelegenheit aus Holz für Esstempel entworfen – auf dem sitzt es sich unter anderem im Plachutta an der Oper sehr gut. Er hat zwar keine Armlehnen, ist aber wirklich ein gelungener Entwurf. Was Restaurants und ihre Einrichtungen angeht, gibt es überhaupt einige bemerkenswerte Stücke, die in Wien entwickelt wurden – Maciej Chmara und Ania Rosinke haben sich als chmara.rosinke dem Thema Hospitality verschrieben und entwickeln neben Möbeln für das Essen im öffentlichen und privaten Raum auch Besteck, Geschirr und Glas – selbst die perfekte Beleuchtung ist ein Thema. Apropos Thema – der Salone del Mobile in Milano öffnet kommenden Dienstag seine Pforten, fahren wir also gen Italien, schauen wir Möbel, begutachten Design und lassen uns von morgens bis abends das supere italienische Essen in Trattoria, Osteria, Bar und auf der Strasse schmecken. Wenn wir beim dolce vita nach einem langen Messetag auch noch bequem sitzen können wissen wir: UND ALLES WIRD GUTh!