Bodenhaftungen

Same procedure as every year. Während Miss Sophie bequem am Tisch Platz genommen hat und das Nachtmahl zum Jahreswechsel im Kreise ihrer imaginären Freunde und Liebhaber einnimmt, verliert James immer mal wieder die Bodenhaftung – niemals jedoch die Contenence.

Ok, Tiger- oder Bärenfelle sind heutzutage eher bei Familie Großwild – Jäger die bevorzugten Bodendecker – unsereins bemüht sich um ethisch korrekte Auskleidung des Fußraumes der eigenen vier Wände.

In Wien liebt man ja Sternparkett in Kombination mit Flügeltüren und Lobmeyr Lustern in schwindelerregender Deckenhöhe. Es grüßt der Kaiser, verbreitet auch der Biedermeier oder zumindest ein Vertreter der Wiener Werkstätte. Damals war alles massiv, von edlem Material und möglichst speziell gestaltet. Loos konnte das gut. Hoffmann auch. Oswaldt Haerdtl ist mir in diesem Zusammenhang sehr nahe. Nach Krieg und zweiter Republik wurden Gemeindebauten errichtet – allerorten mit mehr oder weniger viel Design. Bis heute prägen praktische städtische Wohnkomplexe ganz Wien neben alten und ganz modernen Wohnbauten.

Was haben Herr und Frau Österreicher so am Boden liegen? Worauf wandeln sie privat? Offensichtlich braucht es bei jedem Bodentyp noch irgendwie etwas obendrauf. Einen Teppich. Bitte Perser – falsch oder echt ist wurscht. In den Siebzigern war es definitiv der hochflorige nichtpersische Flokati – zusammen mit Oliven und Ouzo aus dem Griechenlandurlaub mitgebracht. Man mag es fußwarm oder aber eine Liegestatt vor dem Kamin......

Ich stehe ja lieber auf purem Holz. Je purer – desto besser. Nachdem das Industrieparkett meiner Behausung geschliffen werden mußte, wählte ich vor einem Jahr eine Ölung statt Versiegelung des Bodens. Was soll ich sagen – hundertzueins. Ein unglaubliches Gefühl – wenn man gern blossfüssig durch die Wohnung läuft. Man spürt förmlich das Holz – im Sommer ist es angenehm kühl - im Winter warm. Den Pflegeaufwand nimmt man dafür gern in Kauf. Ich mag das kleinteilige Holzpuzzle nicht mit einem Teppich verdecken – außerdem fürchte ich mich vor Bauchlandungen über die Teppichkante.

Woanders finde ich Teppiche durchaus passend, zuweilen sogar richtig schön. Es gibt derzeit scheinbar einen regelrechten Teppichboom. Da konkurriert reine Wolle mit Seide, werden shabbychique Teile, die aussehen, als hätten sie schon hundert Jahre auf dem Flor am Boden ausgebreitet. Jan Kath – ein spannender Teppichdesigner aus Deutschland hat wesentlich zum hippen Erscheinungsbild des in unglaublichen Motiven und Mustern daherkommenden Bodenbelags beigetragen. Da räkeln sich ganze Firmamente ebenerdig, Handwerker vieler Länder stecken ihre Fingerfertigkeit und Liebe hinein. Das äußert sich nicht nur im Erscheinungsbild sondern auch im Preis. Eine Wertanlage.

Man möchte sich mit dem Teppich aufschwingen und losfliegen – dorthin, wo die Knüpfer sitzen und zigtausende Knoten auf Quadratzentimeter zaubern. Eine Traumreise mit dem fliegenden Teppich. Die Welt von oben betrachten, ihre Schönheiten genießen, kurz innehalten im Lärm der Welt, darauf vertrauend: UND ALLES WIRD GUTh!