Kurvendiskussionen

Kurven können was. Manchmal ernten sie anerkennende Pfiffe oder gemurmelte Lobpreisungen ihrer Betrachter. Kurvenreiche Strecken in landschaftlich schönen Gegenden (kurz vor Kapstadt von der Gardenroute kommend oder zwischen Bosa und Alghero auf Sardinien zum Beispiel) lassen Cabriofahrerherzen höher schlagen und motorisierte Bikerboys sehnsüchtig Urlaubskalender konsultieren. Manchmal entstehen aus dem Nichts mittels PushUp Kurven – manchmal fiebert man in Kurven. Das Leben ist eben ein ständiges Auf und Ab.

In der Mathematik ist eine Kurve (von lat. curvus „gebogen, gekrümmt“) ein eindimensionales Objekt. Sagt Wikipedia und führt weiter aus: Eindimensional bedeutet dabei informell, dass man sich auf der Kurve nur in einer Richtung (bzw. der Gegenrichtung) bewegen kann. Ob die Kurve in der zweidimensionalen Ebene liegt („ebene Kurve“) oder in einem höherdimensionalen Raum (siehe Raumkurve), ist in diesem begrifflichen Zusammenhang unerheblich. Je nach Teilgebiet der Mathematik gibt es unterschiedliche Präzisierungen dieser Beschreibung.

Da ich jedoch keine Mathematikerin bin, sondern in erster Linie Liebhaberin schöner Dinge, die mit Hirn entstanden sind- wende ich mich in einer großräumigen Kurve vom Zahlensalat ab. Ich mag Kurven. Die lockern eckige Sachen auf, wobei immer nur rund ist auf Dauer auch langweilig – ausgewogen wäre perfekt.

Als Kind fand ich Schaukelstühle super – Kurvenfüsse hat nicht jeder Sessel. Die gebogenen Kufen machen, dass man – je nach Temperament ziemlich ins Schaukeln kommt. Bisweilen wurde mir schlecht, weil ich es übertrieben hatte. Schaukelstühle sind die Drehstühle für daheim- im Bürodrehstuhl kann man nebenbei leichte Bewegungen um die eigene Achse vollführen bei gleichzeitigem Absenken der Lehne nach hinten - eine meiner Lieblingsbewegungen in Schreibpausen. Im  Schaukelstuhl dagegen bewegt man sich sanft vor und zurück – je nach Kurvenkrümmung und Kufenlänge sind das bisweilen ausdauernde Schaukeleien.

All diese Bewegungen lenken ab vom schnell vorwärts und zackzack – auch der Erwachsene will eine Art Schaukelpferd haben – das einem vorgaukelt, durch den wilden Westen zu jagen, während man in Schruns Tschagguns auf der Auslegware vor sich hin wippt. Schaukeln dient der Entspannung, Kinder wiegt man gern in den Schlaf – man wird müde durch das monotone Auf und Ab.... Wahrscheinlich schaltet das Hirn ab, bevor es ständig registriert, ob es nun in die eine oder die anderer Richtung geht.

Wo sitzt also der passionierte Schaukelfreak heute? Möglicherweise in einem Erbstück aus gebogenem Buchenholz von Thonet. Oder aber in einem modernen Wippmöbel. Vitra hat den Plastik Chair mit Kufen ausgestattet, Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand haben 1928 ihre LC4 kreiert, die irgendwie auch an ein Schaukelmöbel erinnert. Heute nennt man den Schaukelstuhl kosmopolitisch rocking chair und es gibt ihn in Holz, Kunststoff und Beton – für innen und aussen zum Alleinschaukeln oder für zwei. Wir sehnen uns also nach diesem sanften Auf und Ab, wenn die Nachfrage steigt, werden neue Modelle auf den Markt geworfen. Man kann im Schaukelstuhl im Prinzip nichts tun ausser in die Luft schauen; lesen ist eher was für starke Nerven und trinken nur wirklich geübten Akrobaten möglich.

Deshalb – wer gerade zu Wutausbrüchen, Überarbeitung oder Urlaubsreife neigt – setze sich bitte flugs in einen Schaukelstuhl, schwinge ein wenig schweigend vor sich hin- keine Sorge, es dauert nicht lange...UND ALLES WIRD GUTh!