Vom Lösegeld Richard Löwenherz' zum Wiener Philharmoniker - die Münze Österreich

Jeder von uns hat täglich Produkte der Münze Österreich in der Hand – die einen geben es mit vollen Händen aus - die anderen sammeln. Ich will wissen, wie Münzen hergestellt werden, konsultiere den WIEN PRODUCTS Stadtplan  und mache mich auf zum Heumarkt, wo auf Hausnummer 1 die am längsten bestehende Firma Österreichs ihren Sitz hat.

Hier geht es um große Werte, deshalb sind die Sicherheitsbestimmungen hoch. Ich freue mich sehr, von Bernhard Urban – einem ausgewiesenen Experten durch das Haus und die Produktion geführt zu werden. Bisher hatte ich Titel wie Money von Pink Floyd oder Dagoberts Ducks Geldspeicher im Kopf, wenn ich an Münzen dachte  und war sehr gespannt auf das, was mich hier erwarten würde. 

Allein die Gründungsgeschichte ist schon großartig – sie entspinnt sich während eines Kreuzzuges an einem Streit zwischen Leopold V von Österreich  und Richard Löwenherz, seines Zeichens König von England – die sich nicht einigen konnten, wer der Kühnere bei der Eroberung von Akkon war... Der Zwist endete, wie wir wissen, mit der Gefangenschaft von Richard Löwenherz in Dürnstein. Freigekommen ist er am Ende durch eine hohe Lösegeldzahlung, die sich Leopold V mit dem deutschen Kaiser Heinrich VI teilte. Sage und schreibe 11 Tonnen Silber konnte Leopold für diverse Investitionen nutzen. Um 1194 wurde die erste Wiener Prägestätte erreichtet, wo das Silber aus dem Lösegeld unter den Prägehammer kam und zum berühmten Wiener Pfennig wurde.

Mit dem Wiener Pfennig ist es lange vorbei – auch mit dem Maria Theresien Taler kauft man heute nicht mehr am Naschmarkt ein – wenn die Karte beim Bezahlen nicht gezückt wird, tun es neben Papiergeld vor allem Euro- und Centmünzen, die in der Münze Österreich produziert werden. Das ist allerdings nur ein Teil der Aufgaben, die die Münzprägestätte im Auftrag der Oesterreichischen Nationalbank erfüllt. Hier werden mit großem handwerklichen Aufwand auch Sammlermünzen hergestellt, von denen der berühmte Wiener Philharmoniker ein echter Kassenschlager geworden ist.

Bis eine solche Münze beim Sammler landet, sind viele Arbeitsschritte notwendig, die in der Graveurie bei den Münzdesignern beginnen. Vier Graveure sitzen in hellen hohen Räumen und arbeiten ruhig an ihren Modellen aus Modellierwachs bzw. Gips. Es ist eine aufwändige Prozedur, bis aus dem Entwurf auf Papier das endgültige Gipsmodell im Maßstab 1:5 finalisiert wird. Durch mehrmaliges Umgießen entstehen immer wieder Positiv- und Negativformen, die im Detail bearbeitet werden. Auf 180mm Durchmesser im Gipsmodell entstehen so Reliefs mit einer maximalen Motivhöhe von 1,5mm. Dass wir am Ende ein Münzrelief in 3D bewundern können, liegt an der Komposition und der Genauigkeit, mit der hier zu Werke gegangen wird.

Beim Bau der Prägewerkzeuge verlässt man sich ebenfalls auf die eigenen hohen Ansprüche und erledigt das selbst im Haus. Auch hier ist absolute Genauigkeit gefragt, schließlich geht es um tausendstel Millimeter, wenn die Werkzeugstempel aus Stahl gefertigt werden. Die Klingen für die Fräswerkzeuge mit 0,1mm Durchmesser entstehen in Handarbeit. Überhaupt gehen hier alle Mitarbeiter mit großer Sorgfalt zu Werke – ob es sich um Werkzeuge, Prägungen, die Kontrolle oder die Logistik, das Gießen oder Verpacken handelt – die etwa 100 Mitarbeiter in der Produktion brennen offensichtlich für ihre Arbeit.

Egal wo wir vorbeikommen habe ich den Eindruck, dass die Mitarbeiter genau wissen, was sie tun und das auch überzeugend erklären können. Ich lerne so die Unterschiede zwischen einer Normalprägung (NP), einer Prägung Handgehoben (HGH)  und der Königsklasse Polierte Platte/Proof (PP/PROOF), bei der das Werkzeug nach jedem Prägevorgang von Hand gereinigt wird. Selbst Euromünzensets gibt es für Sammler in diesen Kategorien und jährlich neu. Überhaupt kümmert man sich in der Münze um Vielfalt. Zahlreiche Sondermünzen und Medaillen werden schon für 2018 und darüber hinaus geplant und entwickelt. Man braucht ca. 6 Monate Vorlaufzeit, damit alles pünktlich bei den Kunden eintrifft.

Wer sind eigentlich Kunden der Münze Österreich will ich wissen. Neben B2B Kunden wie Banken und Geldinstituten sind es auch Privatkunden aus aller Welt, die sich eigene Prägungen und Medaillen entwickeln und produzieren lassen. Die Münze Österreich gilt als eine der besten Prägeanstalten mit der höchsten Qualität weltweit und darauf ist man zu Recht sehr stolz.

Vom Prägesaal der Sondermünzen machen wir noch einen Abstecher in die Gießerei, wo jährlich rund 700 Tonnen Gold und Silber gegossen und zu endlosen Bändern gewalzt werden, aus denen dann die Ronden gestanzt werden, in die später die Motive geprägt werden.

Als wir zum Schluß in der hochmodernen und weitgehend automatisierten Prägestrasse der Euromünzen stehen, fühle ich mich tatsächlich wie bei Onkel Dagobert im Geldspeicher – hier fallen pro Minute 750 Münzen mit rhythmischem Klang in große Metallwagen, werden gerollt und verpackt.

Unser Rundgang endet wo er begann, im ersten Stock hinter der klassischen Fassade, wo die Geschichte der Prägestätte mit spannenden Stücken inszeniert wird. Hier geht es vor den hofseitigen Fenstern auch emsig zur Sache.  Auf dem begrünten Dach stehen einige Bienenstöcke, die von einem ehemaligen Mitarbeiter betreut werden und wo bienenfleißig ein anderes, flüssiges Gold entsteht – Wiener Honig.  

Ich verlasse das Haus und gebe meine Besucherkarte beim Portier zurück. Als ich losfahre, spielen die Wiener Philharmoniker im Radio.  Perfektes Finale.

Wenn ich demnächst ein paar Euros in der Hand habe, werde ich mich daran erinnern, wo und wie sie entstehen. Der Shop in der Münze Österreich am Heumarkt ist jedenfalls einen Spaziergang wert.  

 

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS. www.wienproducts.at