Die Öle sind da, wo ich bin – im Gespräch mit Dr. Isabelle Krause von Spirit of Oil

Die WIEN PRODUCTS Plattform wächst – zu den inzwischen 59 Mitgliedern kam 2018 die Marke Spirit of Oil. 

 Ich treffe die Gründerin Dr. Isabelle Krause in ihrer Experimentierwerkstatt, um einen Einblick in ihre Arbeit und ihre Passion zu bekommen. „In Zeiten von Social Media und Onlineshopping ist ein Geschäft nicht mehr das Allerwichtigste“ erklärt mir die ausgebildete Aromatherapeutin – „die Öle sind da, wo ich bin“. 

 Das klingt spannend und so möchte ich wissen, was ihre Spirit of Oil Produkte von anderen am Markt erhältlichen Essenzen und Aromaölen unterscheidet und wie sie dazu kam, sich mit dem Metier zu beschäftigen. 

 Sie lacht und erzählt, dass sie bereits als Kind wahnsinnig gern experimentiert hätte und diese Leidenschaft bis heute ausschlaggebend für die Qualität und die Vielfalt ihrer Produkte ist. Die Produktbreite kann man nicht wirklich beziffern, da es immer wieder Nachfragen für ganz individuelle Mischungen von ihren Kunden gibt. Im Onlineshop ihrer neuen Website hat sie sich vorerst auf 40 Produkte beschränkt – die Zeit und die Nachfrage werden neue Produkte ergeben. 

 Vor uns stehen sauber aufgereiht Duschöle, Körperöle, Pflegeöle speziell für Frauen, solche für Babies, Massageöle und – ganz neu -  eine ganze Reihe von  Bodysplash – Pumpsprays in wunderschönen Flaschen mit liebevoll gestalteten Etiketten.  

 Allen gemeinsam ist, dass ihre Zutaten-Herkunft strengsten Auflagen unterliegt – Dr. Isabelle Krause verwendet ausschließlich sehr hochwertige Öle und achtet darauf, dass die einzelnen Zutaten aus zertifiziert biologischem Anbau oder Wildsammlung stammen. Das und ihr gutes Gespür für perfekte Mischungsverhältnisse sowie mehr als 15 Jahre Erfahrung machen die Besonderheit ihrer Produkte aus. Abgefüllt werden die Erzeugnisse in kleine Flaschen – das Ablaufdatum ist im Gegensatz zu konventionellen Kosmetikerzeugnissen eher kurz. Verzichtet wird komplett auf Konservierungsstoffe und Parebene etc. 

 Das ist eine ganze Menge an wichtigen Informationen – mich interessiert, welche Öle sie gern verwendet und so bekomme ich spannende Namen wie Kukuinussöl, Tamanu- und Granatapfelkernöl, Cacay-, Amaranth-, Nachtkerzen-, Rosen- und Arganöl aufgezählt. Wow, viele der genannten Öle kenne ich nicht einmal und mein fragender Gesichtsausdruck scheint Bände zu sprechen. Dr. Isabelle Krause argumentiert mit besonderen Pflegeeigenschaften, die diese hochwertigen Öle aufweisen und die sie in hochkonzentrierter Form verwendet. 

 Aus ihren Worten spricht die Überzeugung, das Beste für Haut und Wohlbefinden herstellen zu wollen – einige Produkte gibt es bereits seit 15 Jahren. „Ich bin quasi die Nische in der Nische  - erklärt mir Dr. Isabelle Krause – die Naturkosmetik ist schon eine Nische in der Kosmetikbranche und ich wiederum besetze eine Nische innerhalb der Naturkosmetik. Meine Produkte werden immer ganz frisch hergestellt und von Hand abgefüllt – ich will ganz sicher sein, dass meine Kunden das Beste bekommen – schließlich investieren sie mehr als in konventionelle Produkte.“

 Wer sind ihre Kunden und wo kommen sie her, interessiert mich noch und die Antwort ist einfach: 90% der Kund*innen stammen aus Österreich und konzentrieren sich auf den Großraum Wien und Umgebung – einzelne Kunden lassen sich ihre Lieblingsprodukte auch immer wieder schicken oder kommen bei einem Wienbesuch bei ihr vorbei.  Auch Therapeuten und Hebammen schätzen die Zusammenarbeit mit der Aromatherapeutin und deren individuellen Mischungen für spezielle Ansprüche. 

 Wenn man mit solch aussergewöhnlichen und vielfältigen Ölen arbeitet und Duftkompositionen kreiert – braucht man da auch besondere Inspirationsquellen möchte ich noch wissen. 

„Alles kann Inspiration sein – Kochen und Reisen genauso wie ein Ausflug zu einer Lieblingsgärtnerei oder mein Garten mit den Frühblühern, die sich zur Zeit gerade entfalten und meinen Bienenvölkern die erste Nahrung bieten. Ich denke immer an neue Kombinationen und trage Ideen ständig mit mir herum, entwickle sie im Geiste und experimentiere so lange, bis alles perfekt ist. Die Abfüllung ist dann eher unspektakulär.“ 

 

Jetzt ist mir auch klar, warum die Marke Spirit of Oilheißt – Inspiration und Geist schwingen bei jedem Produkt mit. 

Ich verabschiede mich von Dr.Isabelle Krause und verlasse ihr Experimentierlabor. Die Qualität der Spirit of Oil Produkte sind in jedem Fall einen virtuellen Spaziergang durch den Webshop wert. 

Die natürlichsten Zuckerlbauer von Wien

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – ab und zu braucht er etwas Süßes – ein Zuckerl beispielsweise hilft im Ernstfall sogar gegen den Husten. 

Ich bin neugierig, wie in der Zuckerlwerkstatt in der Wiener Herrengasse produziert wird und verabrede mich mit Christian Mayer direkt in der Zuckerlwerkstatt. Ab 11.00 Uhr wird hier täglich vor den Augen der staunenden Zuschauer Zucker in wahrhafte Kunstwerke verwandelt. Als ich ankomme, habe ich Glück, ich bin allein mit den Meistern und so können sie mir – während sie die heiße Zuckermasse aus dem Kupferkessel auf die blitzblanke Tischplatte aus schwarzem Granat gießen und sie bearbeiten – meine neugierigen Fragen beantworten. 

 Mich interessiert, was denn gerade auf dem Produktionsplan steht – bzw. in was sich die 115 Grad heiße Zuckermasse verwandeln wird. Christian Mayer – der Gründer der Zuckerlwerkstatt und sein Mitarbeiter Philipp sind ständig in Bewegung – mit geübten Handgriffen und jeweils zwei Spachteln verteilen sie die heiße Zuckermasse auf der kühlen Granitfläche bevor der „Geschmack“ zugesetzt wird. 

 „Wir sind sehr genau, was unsere Inhaltsstoffe angeht“ - erfahre ich – „Wiener Zucker, etwas Traubenzucker und ausschließlich natürliche Zutaten schaffen es in die Wiener Zuckerln, die es in einer großen Vielfalt gibt. Für die sauren Drops heute – es sind 60 kg geplant – nutzt man Zitronensäure und natürliches Orangenöl. Deshalb wird die Masse in zwei Hälften geteilt – eine bekommt die Zitronensäure – die zweite das Orangenöl. Jetzt werden die beiden Massen zügig geknetet – erst mit der Spachtel und dann mit der Hand – die Masse soll ja gleichmäßig abkühlen und mit Geschmack versetzt werden...

 Während die beiden arbeiten, zählen sie mir die verfügbaren Sorten auf – darunter solche Exoten wie Litschi, Granatapfel, Honigmelone, und weiße Ribisl. Sie haben sich mit österreichischen Lieferanten zusammengetan, die ihnen gleichbleibend hohe Qualität der ausschließlich natürlichen Zutaten garantieren, die den Zuckerln ihr einzigartiges Aroma verleihen. Zum Färben verlässt man sich ebenso auf natürliche Zutaten – wie schwarze Karotte oder Spirulina - um hier zwei zu nennen. 

 Inzwischen haben sich einige Zuschauer hinter der Scheibe versammelt und verfolgen andächtig die Produktion. Die Masse ist noch immer ziemlich warm, zwischenzeitlich wurde sie kunstvoll über einen Haken an der Wand geschlungen und immer wieder gezogen – wobei sich die Farbe durch die Lichtbrechung von goldgelb in ganz helles Gelb verwandelt... Christian Mayer erzählt vor allem den Kindern, die ihre Nasen staunend der Scheibe plattdrücken, was gerade passiert, schneidet kleine Stückchen der warmen Masse mit einer Schere ab und verteilt sie unter den Zuschauern. Im Mund wird diese gerade noch sehr elastische angenehm warme Masse schlagartig fest – oh Wunder der Chemie! Die sauren Drops schmecken himmlisch noch bevor sie ihre äußere Schönheit erhalten haben. 

 Nun werden beide Farben – hellgelb und orange zu einem langen Strang verbunden und durch eine (selbst gebaute) Maschine geführt, die in gleichen Abständen den Zuckerstrang zusammendrückt, der am anderen Ende auf die blankpolierte Edelstahlfläche gleitet. Danach kann man die erkalteten Zuckerln ganz leicht in die vorgestanzten Elemente teilen und damit sie später nicht zusammenpricken, bekommen sie noch ein Bad in Staubzucker. So sind in knapp 45 Minuten ca.18kg Zuckerln entstanden. Ich will noch wissen, wieviele Zuckerln monatlich hergestellt werden und höre, dass man pro Monat zwischen 2 und 2,5 Tonnen produziert - ein Großteil davon sehr individuell für Firmen, die ihr Logo oder ihren Namen im süßen Lockstoff verewigen lassen oder für Hochzeitspaare, die ihren schönsten Tag versüßen wollen oder aber zu Weihnachten, Silvester oder anderen Anlässen, bei denen Besonderes angeboten wird. „Diese Zuckerln werden regelrecht gebaut, erklärt Christian Mayer, wir sind also Zuckerlbauer!“. In den coolen Videos kann man diese Herstellung verfolgen – zuletzt kamen die Wiener Walzenzuckerl dazu. Die Maschinen hierfür bekamen die Zuckerlmacher von einem pensionierten Unternehmer und restaurierten sie. Nun laufen sie wieder und begeistern große und kleine Fans. 

Überhaupt kümmert man sich hier um die Tradition und lässt das Handwerk, das bis in die 60iger Jahre sogar Ausbildungsberuf war – wieder aufleben. In den berühmten Heller Werken in Wien waren bis dahin ca 1400 Mitarbeiter mit der Zuckerlherstellung beschäftigt. Heute erinnern die Heller Zuckerln nach dem alten Katalog an diese Zeiten. 

 Bei aller Tradition ist man aber am Puls der Zeit und aufgeschlossen für besondere Projekte. So wurde zum Beispiel zur Vienna Design Week letzten September ein spannendes Projekt von Honey&Bunny zum Thema Zucker umgesetzt, das viel Aufmerksamkeit bekam. 

 Die Charge saure Drops sind fertig, ich bin begeistert vom Gehörten, bekomme noch eine Kostprobe und verabschiede mich von den Zuckerlmachern. 

Als ich die Herrengasse entlangschlendere, den herrlich sauren Geschmack auf der Zunge  - bin ich sicher – die Qualität der Zuckerln ist jedenfalls einen Spaziergang wert!

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS www.wienproducts.at

 

Hier werden Melodie und Rhythmus zum Erlebnis – im Haus der Musik

Wien und die Musik – eine fast untrennbare Einheit – Millionen von Touristen kommen jedes Jahr hierher, um sich dieser Kunst zu widmen. Und die Wiener?

Die mögen Musik auch – in allen Facetten – wie die Besucherzahlen vom Haus der Musik eindrücklich beweisen. Ich suche mir auf dem schwarz weissen WIEN PRODUCTS Stadtplan die Adresse heraus und verabrede mich mit Nathalie Stromski vom Marketing, um herauszufinden, welche Angebote das HdM bietet und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. 

 Mit gleich drei Eingängen kann das Haus der Musik punkten – in das ehemalige PalaisErzherzog Karl und Wohnort von Otto Nicolai- dem Komponisten der Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ - gelangt man sowohl von der Krugerstraße, als auch von der Annagasse und natürlich von der Hauptadresse in der Seilergasse. 

 Geschichten gibt es viele zu erzählen – beispielsweise jene, dass Otto Nikolai hier 1842 die Philharmonischen Konzerte ins Leben rief – weswegen das HdM bis heute freundschaftlich mit den Wiener Philharmonikern verbunden ist und das Museums-Archiv des Orchesters Teil der Ausstellung ist. Höhepunkte aus deren bekanntestem jährlichen Auftritts – dem Neujahrskonzert kann man sich hier übrigens täglich mehrmals ansehen und hören. 

 Überhaupt kann man Musik hier mit allen Sinnen erleben – im kommenden Jahr feiert das HdM seinen 20. Geburtstag – man ist schon mitten in den Vorbereitungen für das Jubiläum. Nathalie Stromski verrät noch nicht viel – nur, dass der 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven wohl eine größere dabei Rolle spielen wird. 

 Wir sitzen im Atrium des Hauses und von überall strömen Gäste ins Haus. Neben einigen Musikliebhabern aus Japan hört man begeistertes Stimmengewirr – da biegt schon eine Kindergartengruppe ums Eck – die Kleinen scheinen sehr begeistert vom Erlebnis hier. Und so möchte ich wissen, wer die Besucher des HdM eigentlich so sind und wie viele Mitarbeiter sich um sie kümmern. 

 Sie lacht und erzählt nicht ohne Stolz, dass man 2018 sage und schreibe 260.000 Besucher gezählt hat, die sowohl im Museum als auch bei den Konzerten im Haus gewesen sind. Das ist eine ganze Menge Menschen denke ich mir und erfahre, dass davon 1.157 Kindergarten- und Schulgruppen mit 26.955 Kindern das Klangmuseum besucht haben und es 379 Führungen für jede Altersklasse gegeben hat. 

„Wir sind alle musikbegeistert hier“, erzählt mir Nathalie Stromski – jeder hat seine ganz eigenen Musikvorlieben – viele von unseren Vermittlern sind Musiker oder Schauspieler und Musikwissenschaftler, die auch eigene Projekte haben oder in Bands spielen. 

 Das hört sich alles sehr spannend an. Die Installationen und interaktiven Tools im Haus sind wahre Wunderwerke und bei Groß und Klein extrem beliebt – die fast täglich stattfindenden Konzerte ebenso und die Kinderführungen am Wochenenden immer schnell ausgebucht.  Schaut man sich die Installationen näher an, fragt man sich schon, wie so etwas funktioniert.... Ich habe das große Glück, hier einmal hinter die Kulissen blicken zu dürfen und wir machen uns gemeinsam mit Dejan Milutinovic – einem versierten Techniker - auf den Weg. Im zweiten Stock befindet sich das ovale Polyphonium – hier werden anhand eines 7.1 Soundsystems die Möglichkeiten musikalischer High-End-Produktion demonstriert. Ein sensationelles Klangerlebnis, man badet förmlich in der Musik. Wir treten durch eine „Tapetentür“  in einen Technikraum, in dem eine Menge Geräte, Server und Kabel verbaut sind und ich erfahre, dass die Musik hier mittels Software von digital auf analog gewandelt und dann zu Hochleistungslautsprechern geleitet wird, damit dieses beeindruckende Klangerlebnis entsteht. Wow – man glaubt es kaum, wie viel im Hintergrund läuft, damit wir die Musik in der Brillanz geniessen können. Auch im dritten Stock schauen wir gemeinsam hinter die Kulissen. Gerade ist eine Schulklasse dabei, sich im virtuellen Dirigieren zu probieren. Die Musiker der Wiener Philharmoniker reagieren prompt auf die Bewegungen der jungen Taktstockschwinger, die ziemlich beeindruckt sind, was da passiert. 

 Hinter dem Ganzen steckt eine aufwändige Kombination von Technik, Bewegungskameras, speziellen Beamern und einer Software, die sekundenschnell „umrechnet“. Wirklich beeindruckend – denn nebenbei bekommen die jungen Musikliebhaber auch noch vermittelt, wie man sich im Konzert verhält.... 

 Es gäbe noch so viel zu erzählen – von täglichen Öffnungszeiten zwischen 10 und 22 Uhr, von Festivals wie dem Sinnesrauschen im März oder dem Chorfestival, einer Membercard und den vielen Plänen und Projekten, die hier laufen und geplant werden. 

 Die Zeit verging wie im Flug – ich verabschiede mich von meinen beiden freundlichen Gesprächspartnern und verlasse das HdM. Die Qualität in diesem Haus ist in jedem Fall einen Spaziergang zur Musik wert!

 

Gehörnte Krokodile und Wiener Geflecht –  zu Besuch bei den Designern von SAGAN Vienna

Tanja Bradaric aus Kroatien und Taro Ohmae aus Japan lernten sich in Wien an der Angewandten kennen, arbeiteten gemeinsam in Paris bei Chloé und Balenciaga - gründeten schließlich 2014 ihr eigenes Label. Seit 2016 ist das äußerst kreative Duo unter der Marke SAGAN Vienna weit über die Grenzen Europas ein Begriff für spannende Kollektionen. 

 Dabei fokussieren sie immer wieder auf traditionelles Wiener Handwerk. Vor zwei Jahren war es das Wiener Geflecht, das als Gestaltungsdetail in ihren Taschen auftauchte und die Zusammenarbeit mit der Firma Thonet in Deutschland, deren Marcel Breuer Stahlrohr-Freischwinger von den Designern eine Sitzfläche aus geflochtenem Rattan bekam. 

 Ich bin neugierig, welche neuen Ideen die beiden Designer für ihre nächsten Kollektionen umsetzen und vereinbare einen Termin im aktuellen PopUp Store in der Gutenberggasse am Spittelberg. Dort treffe ich die beiden Kreativen und kann aktuelle Stücke bewundern. 

 Sofort fallen mir Taschen in Krokodil-Lederoptik mit fein gearbeiteten Hornelementen ins Auge. Akkurat gearbeitet sind sie und nobel schauen sie aus. Natürlich wurden hier keine Krokodile ihrer Haut beraubt – im Gegenteil – das feine Rindsleder erhielt eine entsprechende Prägung und Lackglanz. Die Formen der Taschen variieren von klein und Clutch bis geradlinig und zu einer mittleren Größe. Gwyneth heißen sie und Crossbody. Die klaren Formen kommen durch die perfekte Verarbeitung in reiner Handarbeit richtig zur Geltung und überraschen mit funktionalen Designs; die sorgfältig gestalteten und mit Bedacht eingesetzten Elemente aus Horn adeln die Accessoires. 

Für diese Kollektion arbeiteten Bradaric und Ohmae mit der in Wien Fünfhaus ansässigen Hornmanufaktur Petz zusammen. 

 Das Horn – ein Nebenprodukt der Tierhaltung – wird zum Blickfang. Seine vielfältigen Farbverläufe und Maserungen sind abolut unikat. Auf Hochglanz poliert und in spannende Formen gebracht, ergänzen sie die Ledertaschen perfekt. Für die weichen und absolut nicht eintönigen Formen hat man sich von Alexander Calder inspirieren lassen. 

 „Wir haben erstmals auch Kleinlederwaren in unsere Kollektion aufgenommen“ – erfahre ich von den Designern und bekomme Geldbörsen in verschiedenen Größen und Formen gezeigt. „Und es gibt einen Knoten aus Horn, der den Zipp einiger Exemplare ziert“. 

Wow – das sieht großartig aus. Wie formt man einen Knoten aus Horn, will ich wissen – kann man Horn überhaupt formen? Ja – man kann – für die Produktion der Hornelemente muß das Horn sowieso geformt werden. 

„Wir haben einfach versucht, schmale Streifen zu verknoten – was nicht so einfach ist, erklärt mir Tanja Bradaric. Immerhin muß das Horn dafür in heißem Öl erwärmt und erst danach von Hand geformt werden. 

Schön sehen sie aus, die kleinen Details – kein Stück gleicht dem anderen – natürliche Materialien besonders gestaltet. 

 Überhaupt haben es den beiden Knoten und Flechtarbeiten offensichtlich angetan. Das bereits erwähnte Wiener Geflecht – eigentlich aus Rattan – haben Bradaric und Ohmae auch in Leder ausprobiert – der Breuer’sche Freischwinger steht zum Testen im Showroom und ähnliche Details finden sich auch in aktuellen Handtaschen - Kollektionen wieder. 

 Für andere Taschenmodelle wurden Henkel aus Leder in Makramee-Technik geflochten – das macht sie stabil und besonders. Ich kann mir vorstellen, dass die Henkel eine besonders schöne Patina bekommen. 

 Wie entwerfen die beiden Designer eigentlich interessiert mich.... Sie lachen beide. Ja, es gibt Skizzen – die meiste Entwurfsarbeit und Produktentwicklung passiert heute jedoch am Computer – hier kann man in 3D gestalten und ständig neue Änderungen einfügen – bei Handskizzen ist das nur schwer möglich und mit großem Aufwand verbunden. 

Der Computer ersetzt jedoch keineswegs das Hirn oder die handwerklichen Fähigkeiten. Handwerk und Handarbeit sind den beiden extrem wichtig – sie probieren selbst aus, fertigen Prototypen und erkunden Möglichkeiten des Materials selbst und von Hand. 

„Das muß man selbst spüren und wissen, wie es funktioniert, sonst kann man dem Handwerker, der die Tasche dann herstellt, nicht sagen was genau und wie im Herstellungsprozess passieren soll. 

 Vertrauen ist wichtig – meinen die beiden noch – sowohl zu die italienischen Lieferanten des feinen Leders als auch in die Produzenten. Wenn alles passt, werden unsere Ideen in den neuen Kollektionen perfekt umgesetzt – für uns immer wieder eine Möglichkeit, auch selbst Neues zu lernen. 

Offensichtlich kommen die Taschen und Kleinlederwaren auch bei den Kunden sehr gut an. SAGAN Vienna stellt mit den WIEN PRODUCTS jährlich mehrmals in Paris auf der Maison et Objet und der Premiere Classe aus. Heuer haben die beiden auch in Tokio und Osaka ihre Kollektionen präsentiert – der große Erfolg hat sie beide überrascht, sagen sie mir zum Abschied.  

 Wo kann man die Designs eigentlich kaufen – möchte ich unbedingt noch wissen.... 

„Bei uns kann man natürlich persönlich nach Absprache – also by Appointment – kaufen - unser  Onlineshop www.sagan-vienna.atist 24/7 geöffnet und in Wien bekommt man SAGAN Designs bei den Österreichischen Werkstätten, im Imperial Shop und über die Homepage der Hornmanufaktur Petz“. 

 Ich verlasse die beiden und spaziere durch die Gutenberggasse  - die Qualität der Produkte ist jedenfalls einen Spaziergang zu den Designern wert!

 

Tortenposten, Schneebälle und ‚Fürst Rehrücken’ – beim k.u.k. Hofzuckerbäcker Demel

„Haben schon gewählt?“ – nur hier hört man diese Frage in Wien, die scheinbar aus einem anderen Jahrhundert stammt. Irgendwie stimmt das auch – die Demelinerinnen sind seit mehr als 100 Jahren die guten Geister vom K.u.K. Hofzuckerbäcker Demel. 

 Ich bin neugierig, was es sonst noch zu entdecken gibt in einer Konditorei, die schon beim Kaiser beliebt war und verabrede mich mit Petra Gold – der Marketingchefin direkt am Kohlmarkt. An einem Herbsttag um 10 Uhr geht es zwar schon geschäftig zu, man bekommt aber einen Platz und gleich darauf einen Kaffee im Demel, der heuer 130 Jahre an der Adresse Kohlmarkt 14 residiert – die Adresse fand ich im schwarz/weißen WIEN PRODUCTS Stadtplan.

Petra Gold ist eine Frau der Gegenwart – sie liebt die Tradition, wie sie mir gleich zu Beginn unseres Gesprächs verrät – trotzdem geht man auch hier mit der Zeit. „Modernes Marketing funktioniert heute vorwiegend über Social Media und ins Ausland versenden wir natürlich über unseren Onlineshop“ erzählt sie – da braucht es auch junge und moderne Menschen – die zeitgemäß das Zuckerbäckerhandwerk vermitteln. Es scheint perfekt zu funktionieren, denn gerade kommt wieder eine Gruppe junger Touristinnen mit Rollkoffern zur Tür herein und bleibt andächtig vor der großen Vitrine stehen. Hier im Geschäft werden täglich 1.750 Stück Torten und Kuchen verkauft höre ich. 

Wow, das ist eine ganze Menge – wie viele verschiedene Sorten werden denn eigentlich gebacken und von wem? „In der Demel Backstube am Kohlmarkt arbeiten derzeit 25 Zuckerbäcker, die täglich um die 27 verschiedenen frischen Torten zaubern, wobei die beliebtesten die Anna Demel Torte , Fragilité, Schaumrollen, Punschkrapfen, Dobostorte , Apfelstrudel & Milchrahmstrudel, Fächertorte , sowie der Potizzenstollen sind. 

 Das ist eine ganze Menge denke ich – da zählt Petra Gold schon weiter auf -  dass außerdem Schokolade, Pralinen und bis zu 40 Sorten Teegebäck auf der to-do Liste der Zuckerbäcker stehen. Wobei – der Name Teegebäck kann nicht im Entferntesten die Kunstwerke beschreiben, die ich da präsentiert bekomme und deren Namen sich wie ein Märchen anhören... 

Vanillekipferl , Mailänder , Nougatschifferl , Ischler , Marillenkipferl , Butterbrote , Himbeerschüsserl seien die Ganzjahres-Klassiker – zu Weihnachten kommen noch mal 30 spezielle Sorten extra dazu. Jetzt wundert mich natürlich nicht, wieso im Advent die Kunden bis auf die Straße Schlange stehen und geduldig darauf warten, ihre Lieblingskekserl zu kaufen. Von Windgebäck über kunstvoll dekorierte Pfefferkuchen bis hin zu himmlischen Schokoladenkreationen – es scheint ein Schlaraffenland zu sein. 

Wie schafft man es denn, so viel zu produzieren frage ich mich – denn neben Süßem gibt es auch noch Herzhaftes und warme Küche. 

 Na ja, es gibt in der Backstube natürlich verschiedene Posten, jeder hat bestimmte Aufgaben. 

Posten?

Strudelposten, Teegebäckposten, Tortenposten, Dekorposten und Eisposten – um einige zu nennen. Der Eisposten ist nur im Sommer besetzt – Veilchen- und Punschkrapfeneis sind beliebte Sorten. 

 Aha – was macht denn ein Dekorposten zum Beispiel interessiert mich. 

Beim Demel werden natürlich auch Sonderwünsche erfüllt – zu Hochzeiten, Taufen oder Geburtstagen produziert man individuell – da kann eine Torte schon mal mehrere Etagen haben und aufwändig dekoriert sein. Eine Herausforderung für die Zuckerbäcker – die man sich immer irgendwie als ältere Männer vorstellt – womit man komplett falsch liegt. Beim Demel arbeiten nämlich ziemlich viele junge Zuckerbäckerinnen die ihr Handwerk bestens beherrschen und ihrer Phantasie hier freien Lauf lassen können. Das sieht man auch immer wieder an den Schaufenstern, die traditionell ein Hingucker am Kohlmarkt sind und 5-6 mal pro Jahr neu gestaltet werden. 

Entstanden ist diese Tradition durch den Künstler Federico Berczewiczy Pallavicini, der mit Klara Demel - Nichte von Anna Demel - verheiratet war und begann, die Schaufenster besonders zu gestalten. 

Fürst Rehrücken entsprang zum Beispiel seiner Phantasie; die von ihm entworfenen Verpackungen werden bis heute genutzt. Geschichte und G’schichterln gäbe es viele über den Demel zu erzählen....  

 Was die Zutaten angeht, die man zum Kuchenbacken benötigt – hält man sich beim Demel nicht nur an Eier und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl oder Safran, der den Kuchen ‚gehl’ macht – ein Einkaufszettel für ein Jahr würde ungefähr Folgendes enthalten: 800.000 Eier, 20 Tonnen Butter, 50.000 Liter  Milch, 25.000 Liter Obers, 30 Tonnen Mehl, 1,6 Tonnen Haselnüsse, 1,9 Tonnen Walnüsse, 2,5 Tonnen Mandeln, 1,8 Tonnen Rohmarzipan,80 Tonnen Äpfel, 40 Tonnen Schokolade und  5 Tonnen Marmelade. 

 Wow, unglaublich. 

Unglaublich ist auch das Geschick, mit dem die Zuckerbäcker ans Werk gehen. Man kann sie durch eine Scheibe im hinteren Teil des Demel beobachten. 

„Wir sind glücklich, so engagierte MitarbeiterInnen zu haben, die ihre Arbeit mit Passion und Liebe zum Detail erledigen – nicht nur die Zutaten, auch die Handarbeit machen unsere Qualität aus“, bestätigt mir Petra Gold.  

 Gerade jetzt, wo es auf Weihnachten zugeht, stapeln sich die Bestellungen – der DEMEL versendet monatlich zwischen 500 und 1000 Sendungen in die weite Welt. 

 Gibt es denn Sachen, die irgendwann aus dem Sortiment genommen werden – frage ich abschließend. Das sei gar nicht so einfach, erfahre ich – „unsere Kunden lieben zum Beispiel den Schneeball, ein doch ziemlich fettreiches Gebäck, dass kugelrund geformt, ausgebacken und mit Staubzucker bestreut wird. Den gibt es schon ewig und wird immer wieder verlangt – der muß im Sortiment bleiben – egal wie viele Kalorien er hat!“. 

 Ich verabschiede mich, verlasse den Demel und bestaune die Auslagen. ‚Fürst Rehrücken’ zwinkert mir zu. Die Qualität vom Demel ist unbedingt einen Spaziergang zum Kohlmarkt wert!

Wo Orden, Medaillen und edle Uhren ein Zuhause finden –  in der Werkstatt der Firma Fialka

Spaziert man durch die Schottenfeldgase im siebenten Bezirk, geben die Schilder an den Hauseingängen mit ein wenig Glück Geheimnisse preis. Auf Nummer 69 liest man: „Etui u. Kassetten Friedrich Fialka Fabrikstrakt.“

 Hier bin ich richtig. Einige Tage vorher hatte ich mich mit Herrn Fialka für einen  Besuch in der Werkstatt verabredet – ich will wissen, wie die Etuis der Firma, die es seit 1923 gibt, hergestellt werden. Im Hinterhaus befindet sich im ersten Stock die Werkstatt, in der ich freundlich vom Chef persönlich begrüßt werde. Er ist praktisch der letzte seines Berufsstandes in Wien und Galanterietischler sowie eine Art Buchbinder in Personalunion, wie er mir erklärt. 

 Wir stehen in der Schreinerei, in der das Grundgerüst aller Etuis entsteht und ich erfahre, dass es viel Handarbeit braucht, bis das Ganze weiter verarbeitet werden kann. Hier wird zugeschnitten, werden Verzahnungen ineinander gesteckt, verklebt und viel mit Schleifpapier von Hand gearbeitet, bis die Oberfläche perfekt für den Überzug ist. 

 Dabei gibt es natürlich unterschiedliche Qualitäten und Erwartungen an das Endprodukt – verdeckte Scharniere oder solche, die man sehen kann, Leder oder Leinen – Sperrholz oder solches aus Nuss. Die Möglichkeiten sind vielfältig – die Ansprüche der Kunden sehr unterschiedlich – wie ich höre. Kaum einer kann sich vorstellen, wie lange es braucht, bis ein Etui für einen Orden fertig ist. Da genügt nicht einfach eine hübsche Schachtel – nein – es braucht auch ein maßgefertigtes Innenleben, damit die Auszeichnung perfekt präsentiert werden kann und passgenau zu liegen kommt... 

 Auch edler Schmuck verlangt ein adäquates Behältnis – gerade arbeitet Herr Fialka an einem besonderen Objekt aus Nussbaumholz, das innen mit Rehleder ausgekleidet wurde und verschiedene Fächer für Uhren und Schmuck hat. Sauber und akkurat wurden hier besondere Materialien verarbeitet – mehrere offene Kassetten stapeln sich übereinander – millimetergenaue Arbeit – präzise abgestimmt auf den Safe, in dem sie demnächst aufbewahrt werden. Der Aufwand lohnt sich jedenfalls – eine außergewöhnliche Handarbeit. 

 Wir sind inzwischen im zweiten Raum gelandet – hier steht der Topf auf einem Elektrokocher, in dem der Knochenleim erwärmt wird. Natürliche Materialien sind dem Etuimacher wichtig – nur in Ausnahmefällen greift er zur Chemie. Im Lager stapeln sich Rollen mit buntem Leder, besonderem Einbandpapier und natürlich Leinen, wie es Buchbinder ebenfalls verwenden. 

 Ich schaue zu, wie zwei Holzkästchen zu einer Schachtel verbunden werden. Dazu wird eine mechanische Stanze genutzt, die schon seit den Fünfzigerjahren zuverlässig ihren Dienst versieht. Ein Scharnierband mit unzähligen Einzelscharnieren dreht sich Stück für Stück und mit jedem Tritt auf den Fußhebel der Maschine wird ein Scharnier präzise im Holz platziert. Toll. Viel schöner als Massenproduktion – denke ich und lasse mir erklären, wie anschließend die Schachtel mit unterschiedlichen Materialien bezogen und auf Wunsch verziert wird. 

 Auf dem großen Arbeitstisch stapeln sich einige Etuis mit dem Wappen des Landes Niederösterreich. Sowohl die Landesregierung dort als auch jene aus Wien setzen auf adäquate Behältnisse, in denen Orden an besondere Menschen überreicht werden.

Auf blauem Grund prangt golden das Landeswappen. Im Nebenzimmer stehen weitere Maschinen, die seit Jahrzehnten ihren Dienst versehen und mit deren Hilfe Logos und Schriftzüge oder eben Wappen in die Oberfläche geprägt werden können. Wow – ich bin begeistert. 

 Warum gibt es eigentlich nicht mehr Erzeuger von Etuis und Kassetten wie die Firma Fialka interessiert mich. „Der Beruf des Etui- und Kassettenerzeugers wurde bereits in den 90iger Jahren aufgelassen“ erzählt mir Herr Fialka und ergänzt, dass heute viele Orden in Fernost billig erzeugt werden und von dort gleich mit Etui geliefert werden. Die Nachfrage ist gesunken – auch bei Fialka arbeiteten früher deutlich mehr Mitarbeiter – die Auftragsbücher waren voll. 

 „Man muß flexibel sein heute“ – meint er und setzt heute auf individuelle Sonderanfertigungen, bei denen die Kunden die Handarbeit schätzen und Sammler von Münzen oder Uhren gern auf ihn zukommen, um ihre Schätze wohl verwahrt zu wissen. 

 Ich verabschiede mich und verlasse die Werkstatt mit dem Gedanken – die Qualität der Etuis von Fialka ist auf jeden Fall einen Spaziergang in die Schottenfeldgasse wert. 

Wir sind Handwerker - unterwegs zum Hemdenmacher Venturini

Hört man den Namen Gino Venturini – erzeugt es das Bild eines italienischen Signore mit Grandezza. Wiener - und nicht nur diese  - schätzen die erstklassigen Produkte, die untrennbar mit der Marke Gino Venturini verbunden sind – massgefertigte Herrenhemden. 

 Auf dem schwarz/weißen WIEN PRODUCTS Stadtplan findet man das Geschäft in der Spiegelgasse 9 – hier herrscht an fast allen Tagen ein reges Kommen und Gehen – die Kunden aus nah und fern geben sich praktisch die Klinke in die Hand.

Hier – unweit des Stephansplatzes  - wird Mass genommen, hier sucht sich der Hemdenliebhaber die Stoffe aus, wird fachmännisch beraten und bespricht den Schnitt des Hemdes, Knöpfe und besondere Details. Und hier holen sich die Kunden einige Wochen später ihre Bestellung ab.   

 Mich interessiert, wie die Hemden zu ihrem legendären Ruf kamen und produziert werden - ich verabrede mich mit dem Firmeninhaber und Chef Nicolas Venturini für einen Besuch in der Produktion. An einem sonnigen Septembertag fahre ich hinaus nach Niederösterreich in das beschauliche Örtchen Kleinrötz, wo das Herz der Marke schlägt. 

 Hier reihen sich die Ordner mit den individuellen Kundenschnittbogen aneinander, stapeln sich in großen Regalen hunderte Stoffrollen und hier sitzen die Damen und verwandeln Stoffteile in edle Hemden.

 Nicolas Venturini begrüßt mich in seinem Büro – im Minutentakt lassen Nachrichten und Telefonate sein Telefon läuten. Ich freue mich, dass er sich Zeit nimmt, mir von seinem Unternehmen erzählt und Fragen bereitwillig und ausführlich beantwortet. Er hat sein Handwerk im Blut – das spürt man sofort. Begeistert erzählt er, wie er in das Unternehmen hineingewachsen ist und es vor ein paar Jahren übernahm. Der Namensgeber der Marke, sein Vater Gino Venturini – ein geborener Triestiner -  war tatsächlich ein Grandseigneur und hat die Firma ins Rollen gebracht. Der Sohn führt die Geschäfte erfolgreich fort und geht mit der Zeit. Eines jedoch ist ihm extrem wichtig – die Handarbeit. 

 „Wir sind ein Familienbetrieb und wir sind Handwerker“ betont er, als wir durch die Produktion gehen. Er kennt alle seine Mitarbeiterinnen beim Namen – viele von ihnen sind schon ewig in der Firma und es herrscht tatsächlich ein sehr familiärer Umgang miteinander. 

 An den Tischen wird zugeschnitten – routiniert werden die Schnittbogen aufgelegt – immer das Ergebnis im Blick – die Streifen verlaufen kerzengerade – man denkt eben mit. Nebenan werden Hemdkragen und Manschetten verstärkt – viele unsichtbare Details, die ein Masshemd ausmachen. 

 Nicolas Venturini macht mich auf eine Besonderheit aufmerksam – das von Hand gestickte Monogramm. Es macht einen Unterschied, ob es mit der Maschine gestickt wird oder von Hand. „Das kann nicht jeder“ – erklärt er mir – „wir bieten ja auch unterschiedliche Schriften für das Monogramm an!“.  Während wir durch die Produktion gehen, prüft Venturini immer wieder einzelne Stücke, fragt seine Mitarbeiterinnen, ob etwas geklappt hat, das man gestern besprochen hatte und man hat das Gefühl, er kennt jeden einzelnen Auftrag. 

Zwischendurch bietet er rundum Schokobananen an und meint lächelnd, dass Schokobananen oder Leberkäs -Semmerln immer für gute Laune sorgen. Daran ist ihm viel gelegen. „Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte ich das Geschäft nicht betreiben“ sagt er – „ihre Fähigkeiten habe ich nicht. Ich kümmere mich um Vieles und fühle mich für alles verantwortlich.“ Das zahlt sich aus. 

Neue Stoffe zum Beispiel sucht er sehr gern aus – er entwirft auch eigene Venturini Designs, die individuell für die Marke in der Schweiz und Italien gewebt werden. „Alles Vollzwirn“ erklärt  er nicht ohne Stolz – zum allergrößten Teil sind die Stoffe aus reiner Baumwolle. Ich darf einige Stoffe angreifen und bin begeistert von der Qualität und dem extrem angenehmen Gefühl, das der Stoff auf der Haut hinterlässt. 

 Wir haben hunderte Stoffe immer vorrätig – das macht es möglich, dass der Kunde nicht ewig auf sein Hemd warten muß. Ich stehe staunend vor den vielen Stoffrollen – gefühlt hundert Streifen, Karos groß und klein, uni und mehrfarbig, kariert, gepunktet – den Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. 

 Bei einer Mitarbeiterin bleibe ich nochmals stehen  - hier bekommt das Hemd seine Knöpfe – auch die Positionen der kleinen Perlmuttknöpfe – die man aus dem Waldviertel bezieht – bleiben nicht dem Zufall überlassen. 

 Ist ein Hemd fertig genäht, gebügelt  und hat die strenge Qualitätskontrolle bestanden, landet es sorgfältig gefaltet in den wunderbaren dunkelgrünen Venturini Verpackungen. Jetzt ist es bereit für die Reise zum Kunden. Manchmal kommt ein Hemd nach Jahren wieder zurück zum Hemdenmacher– dann bekommt es neue Manschetten und einen neuen Kragen. Dafür hält man alle Stoffe vorrätig. Ein wunderbarer Nachhaltigkeitsgedanke und der Garant für lange Freude an einem Masshemd. 

 Ich bin beeindruckt vom Gesehenen und Gehörten und verabschiede mich von Nicolas Venturini. Die außerordentliche Qualität der Hemden ist in jedem Fall einen Spaziergang in die Wiener Spiegelgasse 9 wert! 

 

Neu verbaute Geschichte – ein Besuch bei SPOLIA

Zu Beginn dieses Jahres hat SPOLIA die offizielle Mitgliedsurkunde als WIEN PRODUCTS Mitglied entgegen genommen. Ich bin neugierig - plane einen Besuch und mache mich auf in den dritten Bezirk. Dort treffe ich Roland Hemedinger, den Kopf hinter diesem Projekt. Als modernes und junges Unternehmen ist man im Packhaus – einem Co-Working Space auf Zeit zu Hause. Wir sitzen in einem Besprechungszimmer – um uns herum Materialproben und Objekte, die Spolia hervorgebracht hat.

Befragt man das allwissende Wikipedia, so wird man aufgeklärt, dass Spolien (von lateinisch spolium: „Beute, Raub, dem Feind Abgenommenes“)Bauteile und andere Überreste wie Teile von Reliefs oder Skulpturen, Friese und Architravsteine, Säulen- oder Kapitellreste sind, die aus Bauten älterer Kulturen stammen und in neuen Bauwerken wiederverwendet werden.“

Eine Tradition, die schon sehr früh angewendet wurde – zahlreiche Architekturdenkmäler von Istanbul bis Venedig wurden mit Spolien errichtet. Heute nennt man das im Designbereich „Upcycling“.

Roland Hemedinger – der eigentlich Architektur studiert hat und im Kunsthandel aktiv war - erzählt mir wie es zu Spolia kam: „Immer wieder gibt es Gebäude, die abgerissen werden, in denen es zum Beispiel ganz hervorragende und noch vollkommen intakte Parkettböden gibt. Entweder man kann die selbst noch retten oder erwirbt sie von spezialisierten Händlern. Gerade Wien ist ja bekannt für ausgefallene Parkettböden.

Oftmals sind es nur wenige Quadratmeter, die so eine neue Nutzung erfahren und als moderner Ess-, Besprechungs- oder Arbeitstisch wiedergeboren werden. Das mache ich dann gemeinsam mit Designern, speziellen Handwerkern und Restauratoren.“

Der Tisch FOUR TO THE FLOOR ist mir beim Betreten des Gemeinschaftsraumes bereits aufgefallen. Das warme Holz des Parketts – es stammt aus einem Wiener Ballsaal und wurde 1863 verlegt -  bildet einen perfekten Kontrast zum Tischgestell aus Metall das die Form des Holzpuzzles aufgreift. Tolle Idee.

„Manchmal verfremden wir das Ganze auch“ – lacht Hemedinger – Tino Valentinitsch hat mit dem Bologneser die Grundform der Raute genutzt und das alte Parkett aus Nuss, Eiche und Ahorn neu komponiert, so dass optische Täuschungen entstehen. Nachdem der Parkettboden aus einer Villa in Bologna entfernt wurde, kam er nach Wien, wurde einer gründlichen Restauration unterzogen und für Neues genutzt.

Oder Scattered Servant – bei dem Kim+Heep altes Eichenholzparkett mit edlem Messing zu coolen Tischen und Tabletts neu kombinierten....ebenfalls großartiges Design.

Eigentlich ist das eine tolle Nutzung von Ressourcen – nicht nur im alten Rom war gutes Material kostbar – heute versuchen wir auch nachhaltig zu denken und entsprechend zu handeln beschreibt Roland Hemedinger seine Ambitionen – bei der natürlich auch die Schönheit und der Zweck eine Rolle spielen.

Ich will wissen, ob er denn nur auf Holz und altes Parkett festgelegt ist....

Nein, nein – inzwischen haben wir schon einige Editionen aufgelegt und inzwischen auch Erfahrungen mit Schieferplatten und besonderem Glas gemacht.

Er zeigt mir Bilder von Lampen, deren Schirme aus Schieferplatten bestehen  - ein Projekt mit Carl Auböck in Wien – hier bekamen Dachplatten eine vollkommen neue Bestimmung.

Aktuell tüftelt Hemedinger an einem spannenden Konzept mit bronziertem Glas, man arbeitet bereits praktisch an Prototypen. Er zeigt mir die Entwürfe, die er immer noch von Hand gestaltet und auf dem Papier weiter entwickelt. „Ich muß mich in ein Material verlieben“ erzählt er, dann sprudeln die Ideen.“

Wer kauft die Spolia Designs – will ich wissen. „Das ist ganz verschieden – es gibt Leute, die hier hereinkommen, die Sachen sehen und haben wollen  - andererseits geht heute viel über den Onlinehandel weltweit.

Apropos weltweit – die Designs von Spolia waren heuer bereits auf WIEN PRODUCTS Gemeinschaftsständen bei Designmessen in Paris und Shanghai zu sehen und haben dort neue Liebhaber gefunden.

Architekten und designaffine Kunden erkennen in den Produkten die Materialien schnell und haben meist ein Faible für die Neuinterpretation. Es steckt eine Menge Arbeit und vor allem Fachwissen dahinter, um solche Produkte zu entwickeln – man muß mit den begrenzten Ressourcen sorgsam umgehen und das beste Ergebnis anstreben. Ansonsten sind die Materialien unwiederbringlich verloren.

Ich bin beeindruckt über das Gehörte und Erfahrene. Als ich mich von Roland Hemedinger verabschiedet habe und die SPOLIA Produkte beim Vorbeigehen nochmals durch das Fenster betrachte bin ich sicher – die Qualität und das Design von Spolia sind in jedem Fall einen Spaziergang zum Packhaus wert.

 

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS  www.wienproducts.at

Hut ab! In der Werkstatt der Mühlbauer Hutmanufaktur

Das wunderschön geschwungene M ist Markenzeichen der 1903 gegründeten Firma Mühlbauer – es ziert Kopfbedeckungen modebewusster Menschen weltweit. Ich will wissen, wie die Hüte produziert werden und suche  auf dem schwarz/weissen WIEN PRODUCTS Stadtplan eine Mühlbauer Filiale. Nach einem freundlichen Telefonat habe ich einen Termin mit der Werkstattleiterin Katharina Stecker und treffe ein paar Tage später am Schwedenplatz auf die Hutmacher.

Draussen ist Sommer, durch die weit geöffneten Fenster der langgestreckten Werkstatt dringt fröhliches Stimmengewirr.

Hier oben herrscht eher ruhige Geschäftigkeit. Entlang der Fenster sitzen die Mitarbeiter an Tischen und arbeiten an verschiedenen Hutmodellen.

„Wenn niemand auf Urlaub ist wie jetzt zu Ferienbeginn, sind 14 Mitarbeiter bei uns in der Werkstatt erzählt mir Katharina Stecker, eine junge Frau voller Energie und dirigiert mich durch Lagerräume, in denen die rohen Hutstumpen und Strohmodelle sorgsam gestapelt sind in einen weiteren Raum, aus dem uns Hitze entgegenschlägt.

Uff – im Sommer ist das sicher eine Herausforderung denke ich mir. Hier warten in Regalen die unterschiedlichsten Holzformen, mit deren Hilfe, einer gehörigen Portion Dampf und handwerklicher Geschicklichkeit die speziellen Hutmodelle entstehen. Gerade verschwindet ein blauer Stumpen in der kugeligen Dampfglocke mit antikem Aussehen. Hier wird er einige Minuten mittels Wasserdampf erwärmt und lässt sich leicht formen. Während die Dampfglocke ihren Dienst tut, schaue ich mich um. Eine ganze Wand nimmt ein Trockenofen mit seinen Kammern ein, der mit Gas befeuert wird und einem die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Den Kollegen, der hier in der Zurichterei seine Arbeit seit vielen Jahren verrichtet, scheint das nicht zu stören, er ist daran gewöhnt und nimmt öfters einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche. Ich bekomme erklärt, wie das Material funktioniert und welche Modelle bereits Klassiker sind und immer wieder adaptiert in den Kollektionen auftauchen. Jetzt kommt der blaue Hut an die Reihe – er hat den perfekten Zustand zur Formung erreicht. Mit geübten Griffen wird der Stumpen auf die Lindenholzform gezogen und mit Nägeln fixiert. Danach werden Schnüre an genau bestimmten Stellen für spätere scharfe Kanten gesetzt und zum Schluß wandert der in Form gebrachte Rohling zum Trocknen in den ca. 70 Grad warmen Trockenofen.

Luc - ein bereits getrocknetes und abgekühltes Modell wird anschließend von der Form genommen und mit einem Spezialbügeleisen und feuchten Tüchern behandelt. Gar nicht so einfach, das Modell von der Holzform zu lösen. Jede der meist aus Naturhaarfilz bestehenden Hüte und Kappen hat ihre speziellen Erfordernisse – jede ist ein Unikat.

Nun wandern die Modelle nach vorn in die Werkstatt, wo sie mit der Garnitur ausgestattet werden.

Wie behält man da die Übersicht, was gerade produziert wird will ich wissen. Jedes Stück trägt einen Produktionsaufkleber, darauf sind Modell, Material, Größe und Farbe angegeben erklärt mir Katharina Stecker und ergänzt lachend – „das ist der maschinelle Teil unserer ansonsten analogen Produktion“. Wir produzieren vorwiegend auftragsbezogen und nicht auf Langer – die Kollektionen werden u.A. mit den WIEN PRODUCTS auf Messen in Paris und heuer auch in Shanghai präsentiert und die Bestellungen der Handelskunden später produziert. Ca. 8000 Hüte verlassen jährlich die Werkstatt im ersten Bezirk – 60% davon gehen an Händler in der ganzen Welt. Brad Pitt und Meryl Streep sind nur zwei der vielen celebrities, die die coolen Hüte aus Wien schätzen.

Geschickte Hände werken an der Vollendung der Hutmodelle. Hier werden die Hutbänder eingenäht, von Hand das „vorn Mitte“ Zeichen in den Hut gezaubert, die Garnitur aufgebracht, die jeden Hut besonders macht. Verschieden breite Bänder in hunderten Farben und Materialien, Federn und so weiter sind hier sauber aufgereiht in Kartons vorrätig. Jeder der Kolleginnen und Kollegen fertigt ein Modell komplett– je nach Vorgabe wird der Hut vollendet, der neben der Garnitur natürlich das Markenzeichen der Manufaktur – das M – erhält. Zum Schluß bekommt jede Kopfbedeckung noch einen ganz persönlichen „Stempel“ – nämlich den seines Produzenten - dessen Name ein rundes Schild ziert, das den Hut als Manufakturprodukt auszeichnet.

Sucht man auf den Berufsschulseiten der Stadt Wien „Modist/in und Hutmacher/in, sind dem Beruf keine rosigen Aussichten beschieden. Hier allerdings lebt das Handwerk. „Ach – ich war die Einzige in meinem Jahrgang“ erzählt mir Katharina Stecker, „früher hat fast jedes Theater einen Modisten gehabt – jetzt produzieren wir unter anderem die Bühnenmodelle für das Burgtheater.

Bei uns arbeiten auch Quereinsteigerinnen – ergänzt sie – es muß einfach stimmen, wenn jemand Geschick hat und es menschlich passt, dann freuen wir uns.“

Hier hat man sowieso den Eindruck, dass es passt: Mühlbauer - Hutmanufaktur in vierter Generation und seit 1903 am Markt – ist mit den Designs immer am Puls der Zeit.

Letztes Jahr erregte zum Beispiel der Reformhut international Aufsehen und gerade entsteht die neue Kollektion, die im September in Paris gezeigt wird. Ich darf einen Blick darauf werfen und bin begeistert.

Wie ist es, wenn jemand ganz bestimmte Vorstellungen von „seinem“ Hut hat? „Kein Problem, wir machen die meisten Hutträume wahr – gerade wurde ein Modell für eine Hochzeit ausgeliefert – passende Farbe zum Kostüm und Garnitur unter Verwendung des Kleiderstoffes.“

Ich vermute – die Kundin ist glücklich und wird mit ihrem Hut Bewunderung ernten.

Apropos Kunden – wer ist denn eigentlich typischer Mühlbauer-Kunde interessiert mich noch. Das wäre nur schwer zu sagen bekomme ich als Antwort – in jedem Fall sind es Menschen, denen das Handwerk und die Designs zusagen, die modeinteressiert sind und die es cool finden, einen Hut zu tragen. In den beiden Wiener Filialen hätte man auch unterschiedliches Klientel – während im ersten Bezirk in der Seilergasse eher Klassiker gefragt sind, werden in der Filiale in der Neubaugasse vermehrt ganz moderne Designs verkauft.

Begeistert verlasse ich die Werkstatt und bin überzeugt – die hervorragende Qualität der Hüte aus der Mühlbauer Hutmanufaktur ist in jedem Fall einen Spaziergang in die Wiener Filialen wert.

 

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS www.wienproducts.at

 

Fünfhundertzwanzig Jahre und kein bisschen leise – die Wiener Sängerknaben

Bis ins Jahr 1498 reichen die Wurzeln der Wiener Sängerknaben – stolze 520 Jahre.

Man sieht und hört sie oft – nicht nur in Wien. Ich möchte mehr über die musikalischen Botschafter wissen und konsultiere den schwarz/weißen WIEN PRODUCTS Stadtplan. Ein paar Tage später treffe ich mich mit Dr. Tina Breckwoldt, die nicht nur für die Dramaturgie, sondern auch für die PR zuständig ist, im Palais Augarten.

Hier haben die Sängerknaben seit Beginn der 50iger Jahre ihren Sitz. Das ist an diesem Tag weithin zu hören. Aus den geöffneten Fenstern dringt vielstimmiger Gesang hinaus in den Park. Es ist 12:30 Uhr und die Sängerknaben sind am Proben.

Wenn man nun glaubt, da säßen einhundert Jungen zwischen 10 und 13 Jahren in einem Raum – der irrt gewaltig.

Insgesamt vier Chöre, die nach Bruckner, Haydn, Mozart und Schubert benannt sind mit je 25 Jungen ergeben die Wiener Sängerknaben. Einer der Chöre ist praktisch immer unterwegs. Derzeit touren 25 Musiker und ihre Begleitung zirka 3 Monate durch Asien und begeistert in diversen Hallen das Publikum.

Ich darf bei einer Probe dabei sein und staune nicht schlecht. Immer wieder wird eine besonders heikle Stelle probiert, zwischendurch gibt der Kapellmeister neue Anweisungen, mahnt Konzentration ein, klatscht den Takt vor und erklärt die Wirkung, die er erreichen möchte.

Für meine Ohren klingt es schon sehr gut – perfekt scheint es noch nicht.

Pause – die Jungen gehen in die Mensa zum Mittagessen. Betreuer tauchen auf und koordinieren diverse Proben und Termine mit einzelnen Schülern.

Dr. Breckwoldt erzählt mir auf meine Frage hin, dass hier im Augarten nicht nur die aktiven Sängerknaben ihr Domizil haben, sondern bereits Kinder im zugehörigen Kindergarten auf eine mögliche Laufbahn bei den Sängerknaben vorbereitet werden. Außerdem gibt es die Volksschule und das Gymnasium – eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht, in der die jungen Sänger eine erstklassige Ausbildung erhalten und die auf die speziellen Anforderungen eingeht.

Kurz darauf treffen wir 3 aktive Sängerknaben, die für eine Soloprobe eingetragen sind. Wir kommen ins Plaudern. Theo stammt aus Wien und erzählt mir, dass er hier bereits im Kindergarten war und begeisterter Sängerknabe ist, weil er später eine musikalische Laufbahn einschlagen will. Er singt gern und spielt nebenbei auch noch Klarinette. Ob er als Wiener hier im Internat schläft will ich wissen. Klar – bis auf eine oder zwei Nächte pro Woche schläft er hier – das ist eh cool und mit den Jungs macht es Spaß.

Luca hätte da schon einen längeren Heimweg. Er kam aus Berlin zu den Wiener Sängerknaben. Ihm imponierte der Gesang und so fand er hier seine musikalische Heimat. Ist es nicht komisch – weit weg von Berlin zu sein? Nein gar nicht, sagt er – wir sind ja auch weltweit unterwegs und erleben viel – kaum ein Junge in diesem Alter hat so viel Reiseerfahrung wie ein Sängerknabe...

Und wie ist das mit der Sprache?

„Das lernt man ganz schnell, wenn man will“, antwortet Satoshi, der aus Japan kommt und das dritte Jahr bei den Sängerknaben singt. Er spricht ein hervorragendes Deutsch und erklärt mir, dass er mit seiner Mutter in Japan in einem Konzert der Sängerknaben war und diese vorher auch schon im Fernsehen gesehen hatte. Er wollte unbedingt Teil dieser Gemeinschaft sein und ist sehr stolz darauf. Seine Augen leuchten, als er mir erzählt, wie toll es war, als er seine Uniform bekam bei einer feierlichen Übergabe.

Spannend. Ich staune, als mir die Jungen ihren Tagesablauf schildern, der nach der Schule zwei Stunden Probenarbeit und etwas Freizeit nochmals Unterricht in der Schule vorsieht. Zwischendurch und danach wird gelernt oder ein Instrument gespielt. Sonntags singt man die Messe in der Burgkapelle – jeder der Sängerknaben ein- bis zweimal im Monat.

Wir gehen in den Salon – ein Prachtsaal mit Stuck und Teppichen, in dem ein Flügel steht. Gerald Wirth, selbst ehemaliger Sängerknabe und nun Präsident und musikalischer Leiter der Sängerknaben erwartet die Jungen zu einer Soloprobe mit Stimmübungen und Atemtechniken. Ruhig und ausgesprochen freundlich geht er auf jeden der drei ein, lobt und motiviert. Die Stimmen sind klar und engelsgleich – möchte man sagen.

Mit diesem musikalischen Schatz kann man natürlich bestens repräsentieren. Das wusste bereits Kaiser Maximilian, der mehr oder weniger als Gründungsvater der Wiener Sängerknaben gilt. Er hatte bereits Ende des 15. Jahrhunderts eine gewisse Anzahl von Knaben an seinem Hof, die zu Messen und der musikalischen Unterhaltung nicht nur am Hof in Wien sangen, sondern den Kaiser auch auf Reisen begleiteten. Bis heute sind die Wiener Sängerknaben musikalische Botschafter weltweit. Neben geistlicher Musik wird heute Wert auf Vielfalt gelegt. Neben Volksliedern aus aller Welt in vielen Sprachen (!!!) gibt es immer wieder besondere Projekte, bei denen sich die Jungen begeistert engagieren und mit ihren Stimmen einen besonderen Touch verleihen. Gerade lief die Vorpremiere eines Filmprojekts von Curt Faudon „The good Shepherds“ im Gartenbaukino. Ein unglaublich spannendes Projekt, bei dem es um Naturschutz geht  - ein Thema, das den Sängerknaben am Herzen liegt und wofür sie sich engagieren.

Ich bin schwer beeindruckt – das hatte ich so nicht erwartet. Dr. Breckwoldt beantwortet mir geduldig und ausführlich meine Fragen – ich erfahre, dass sich fast 80 Lehrer, Erzieher und Mitarbeiter um den musikalischen Nachwuchs kümmern – geht es ja auch darum, das Erreichte zu sichern. Die Sängerknaben sind keine staatliche Einrichtung, sondern sorgen größtenteils selbst für ihr Einkommen. Eine eigene Bühne haben sie inzwischen auch auf dem Gelände  -  mit Hilfe von Privatsponsoren wurde MuTh – ein moderner Konzertsaal in unmittelbarer Nähe gebaut.

Es gäbe noch viel zu berichten, die Zeit verging wie im Flug. Ich verabschiede mich und spaziere durch den Park vom Augartenpalais. Die musikalische Qualität  der Wiener Sängerknaben ist in jedem Fall einen Spaziergang zu einem ihrer Konzerte wert. 

 

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS www.wienproducts.at